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Recht / Zivilrecht 
Freitag, 18.07.2025

Haftungsfragen bei Autobahnunfall: Lkw blinkt - Pkw zieht durch

Viele Autofahrer kennen die Situation: Man fährt auf der Autobahn und ein Lastwagen vor einem blinkt. Soll man noch vorbeiziehen oder bremsen? Und wann darf der Lastwagen ausscheren? Diesen Fall hatte das Landgericht Nürnberg-Fürth zu entscheiden (Az. 8 O 4305/24).

Das Gericht vertrat die Auffassung, dass derjenige, der einen Spurwechsel zu spät ankündigt, die Hauptschuld an einer daraus folgenden Kollision trägt, auch wenn der andere beteiligte Verkehrsteilnehmer beschleunigt.

Die Unfallsituation war in diesem Fall etwas ungewöhnlich: Ein Autofahrer war auf der mittleren Spur unterwegs, der Lastwagen befand sich auf der linken Spur (nicht etwa auf der rechten). Als beide Fahrzeuge auf gleicher Höhe fuhren, setzte der Lkw-Fahrer den Blinker nach rechts und wollte auf die mittlere Spur. Das Ansinnen erkannte der Autofahrer und reagierte mit Gas geben. Er hatte die Hoffnung, dadurch einen Zusammenstoß noch zu verhindern – ohne Erfolg. Die Fahrzeuge stießen zusammen. Im Nachgang forderten beide Fahrer Schadenersatz von der jeweils anderen Versicherung.

Das Landgericht Nürnberg-Fürth sah es nach Beweiserhebung als erwiesen an, dass der Lkw-Fahrer den Wechsel der Fahrspur nicht rechtzeitig angezeigt hatte und wertete dies als einen schweren Verstoß. Allerdings habe sich auch der Pkw-Fahrer nicht angemessen verhalten. Da dieser keine Gefahrenbremsung eingeleitet habe, sondern beschleunigte, wurde nach Ansicht des Gerichts die Gefahr einer Kollision erhöht. Denn, wenn ein Fahrzeug in die Nebenspur einschere, verenge sich der vordere Bereich der Fahrbahn zuerst. Der Autofahrer hätte demnach darauf vertrauen dürfen, dass die Fahrzeuge hinter ihm einen ausreichenden Sicherheitsabstand wahren und es durch ein Bremsmanöver von ihm nicht zu einem Auffahrunfall gekommen wäre. Daher müsse sich der Autofahrer einen Teil der Schuld zurechnen lassen. Das Gericht verhängte eine Haftungsquote von 80 Prozent zu Lasten des Lkw-Fahrers – für die restlichen 20 Prozent müsse der Autofahrer haften.

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